Der desorganisierte Bindungstyp und das Gras ist grüner Syndrom

Elif Yilmaz

Der wahre Grund, warum desorganisierte Bindungstypen oft das "Gras ist grüner"-Syndrom haben

Das „Gras ist grüner“-Syndrom ist ein bekanntes Phänomen, das in vielen Beziehungen vorkommt, insbesondere bei Menschen mit einem desorganisierten Bindungsstil. Du kennst vielleicht das Gefühl, in einer Beziehung zu sein, in der du dich hin- und hergerissen fühlst: Solltest du bleiben oder gehen? Ist dieser Partner wirklich der Richtige für dich? Obwohl du dich zu Beginn in der Beziehung verbunden und glücklich fühlst, beginnt irgendwann der Gedanke, dass es vielleicht etwas Besseres gibt, dich zu quälen. Doch was steckt wirklich hinter diesem Verhalten? Warum kommt es bei desorganisierten Bindungsstilen so häufig vor, dass sie ständig zwischen Bleiben und Gehen schwanken? In diesem Blogpost möchte ich die Ursachen dieses Verhaltens aufschlüsseln, wie es sich in der Beziehung auswirkt und vor allem, wie du damit umgehen kannst.

1. Was ist das "Gras ist grüner"-Syndrom?

Das "Gras ist grüner"-Syndrom beschreibt die ständige Unzufriedenheit oder die Vorstellung, dass es woanders besser ist. Menschen, die dieses Syndrom erleben, glauben oft, dass eine andere Beziehung, ein anderes Umfeld oder eine andere Person ihre Bedürfnisse besser erfüllen könnte. Für desorganisierte Bindungsstile ist dies häufig ein wiederkehrendes Muster, das nach einer gewissen Zeit in Beziehungen auftritt. Es ist nicht nur ein oberflächlicher Gedanke, sondern tief in der emotionalen und psychologischen Struktur dieses Bindungsstils verwurzelt.

Für desorganisierte Menschen kann dieses Syndrom ein Ausdruck von „gelerntem Hilflosigkeit“ sein. Was bedeutet das? Es handelt sich um ein psychologisches Phänomen, bei dem eine Person nach wiederholtem Scheitern oder der Unfähigkeit, ein Problem zu lösen, aufgibt, es zu versuchen. In Bezug auf Beziehungen bedeutet das, dass der desorganisierte Partner sich irgendwann hilflos fühlt und glaubt, dass seine Bemühungen, Bedürfnisse zu kommunizieren oder Konflikte zu lösen, sowieso keine positiven Veränderungen bewirken werden. Statt sich mit den Herausforderungen in der Beziehung auseinanderzusetzen, wird die Suche nach einem besseren Szenario außerhalb der Beziehung zur bevorzugten Strategie.

2. Der Ursprung des „Gras ist grüner“-Syndroms: Gelerntes Hilflosigkeit

Gelerntes Hilflosigkeit wurde erstmals durch die psychologischen Experimente von Martin Seligman und Steve Mayer in den 1960er Jahren untersucht, als sie Hunde wiederholt elektrischen Schocks aussetzten, denen sie nicht entkommen konnten. Nach dieser Erfahrung versuchten die Hunde nicht mehr, den Schock zu vermeiden, selbst als eine Möglichkeit zur Flucht wieder auftauchte. Die Hunde hatten gelernt, dass ihre Handlungen nichts bewirken würden – sie gaben auf.

Für den desorganisierten Bindungsstil manifestiert sich dieses Konzept oft in romantischen Beziehungen. Menschen mit diesem Bindungsstil wachsen häufig in Umfeldern auf, in denen ihre emotionalen Bedürfnisse nicht gehört oder erfüllt werden. Sie lernen, ihre eigenen Bedürfnisse zu unterdrücken und sich auf die Bedürfnisse anderer zu konzentrieren. In ihrer Kindheit, in Codependenz oder dysfunktionalen Haushalten, haben sie nie gelernt, wie sie ihre eigenen Bedürfnisse klar ausdrücken und befriedigen können. Diese Prägung zieht sich wie ein rotes Band durch ihre Erwachsenenbeziehungen, sodass sie die Hoffnung aufgeben, ihre Bedürfnisse in einer Partnerschaft wirklich kommunizieren und erfüllt bekommen zu können.

3. Wie sich das „Gras ist grüner“-Syndrom in Beziehungen auswirkt

Wenn du in einer Beziehung mit einem desorganisierten Partner bist, kann dies zu einer ständigen Zerrissenheit führen. Dein Partner möchte sich oft emotional zurückziehen, sobald er sich zu nahe fühlt oder seine eigenen Unsicherheiten auftauchen. Auf der anderen Seite gibt es Phasen, in denen er nach Nähe und Bestätigung sucht. Diese Schwankungen zwischen Nähe und Distanz, die oft von der „Gras ist grüner“-Mentalität begleitet werden, sorgen dafür, dass der desorganisierte Partner immer wieder nach einer idealeren oder „besseren“ Beziehung sucht, anstatt die bestehenden Herausforderungen in der Partnerschaft zu bewältigen.

Dieser innere Konflikt – die Sehnsucht nach Nähe und die Angst vor Überwältigung – führt zu einer ständigen Unzufriedenheit. Wenn Konflikte auftauchen oder die Beziehung weniger „perfekt“ scheint, wird der Gedanke, dass es woanders besser sein könnte, umso stärker. Dieses Verhalten kann zu einer emotionalen Kettenreaktion führen, bei der der desorganisierte Partner immer wieder zwischen Bleiben und Gehen schwankt.

4. Wie du mit dem „Gras ist grüner“-Syndrom umgehen kannst: Drei wichtige Schritte

Wenn du dich in einer Beziehung befindest, die von diesen Schwankungen geprägt ist, gibt es drei wichtige Schritte, die du unternehmen kannst, um das Syndrom zu überwinden und Klarheit zu gewinnen:

1. Hast du versucht, das Problem innerhalb der Beziehung zu lösen?

Bevor du die Beziehung in Frage stellst, solltest du dich fragen, ob du wirklich versucht hast, deine Bedürfnisse zu kommunizieren und das Problem anzusprechen. Oft neigen Menschen mit einem desorganisierten Bindungsstil dazu, ihre Bedürfnisse zu unterdrücken oder zu vermeiden, weil sie glauben, dass es ohnehin keine Veränderung bringen wird. Es ist wichtig, sich selbst die Frage zu stellen, ob du wirklich versucht hast, die Probleme in der Beziehung anzugehen, bevor du nach einer besseren Alternative suchst.

2. Kommuniziere klar und positiv

Statt in Vorwürfen zu sprechen („Du tust nie genug!“), versuche, deine Bedürfnisse in positiver Weise zu formulieren. Sage deinem Partner, was du brauchst und erwarte nicht, dass er dich „rettet“, sondern dass er an der Beziehung mit dir arbeitet. Positive Kommunikation schafft Raum für Wachstum und Lösung, anstatt das Problem zu verstärken.

3. Setze ein klares „Deadline“ für die Veränderung

Es ist wichtig, eine Grenze zu setzen. Wenn du feststellst, dass trotz aller Bemühungen keine Verbesserung eintritt, ist es sinnvoll, ein „Deadline“ zu setzen, um zu sehen, ob dein Partner in der Lage ist, sich zu ändern und an der Beziehung zu arbeiten. Wenn sich nichts bewegt und du dich weiterhin nicht gesehen oder erfüllt fühlst, könnte es an der Zeit sein, die Beziehung neu zu bewerten und gegebenenfalls loszulassen.

5. Selbstliebe und Grenzen setzen

Ein entscheidender Punkt in diesem Prozess ist Selbstliebe. Wenn du in einer Beziehung bleibst, die deine Bedürfnisse nicht erfüllt, kann das dein Selbstwertgefühl langfristig schädigen. Du musst verstehen, dass du es verdienst, in einer Beziehung zu sein, in der deine Bedürfnisse gehört und respektiert werden. Wenn du dich selbst respektierst und deine Grenzen setzt, wirst du auch in der Lage sein, Beziehungen zu führen, die wirklich zu deinem Wohlbefinden beitragen.

Fazit: Wachsen oder gehen?

Das „Gras ist grüner“-Syndrom ist tief im desorganisierten Bindungsstil verwurzelt und kann zu einer ständigen Zerrissenheit in Beziehungen führen. Doch es ist wichtig zu verstehen, dass es nicht um die Suche nach einer perfekten Beziehung geht, sondern um das Lernen, wie man gesunde, stabile Verbindungen aufbaut. Wenn du erkennst, dass du ständig von einer besseren Beziehung träumst, solltest du die Verantwortung übernehmen, dich selbst zu stärken und gesunde Grenzen zu setzen. Nur so kannst du echte Veränderungen herbeiführen und erfüllende Beziehungen führen.

💛 Wenn du lernen möchtest, eine sichere, erfüllende Beziehung zu dir selbst und anderen zu führen, begleite ich dich gerne auf diesem Weg.

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